Ich ziehe seit Jahren eigene Sprossen und Gräser. Der lustige Hinweis auf der Packung der Hanfsamen von DM war schließlich Grund genug, dies auch mit Hanfsamen zu versuchen.
Zunächst, was sind Sprossen und Gräser? Wofür macht man das? Was passiert dabei? Funktioniert es mit jedem Hanfsamen? Und vor allem, ist das legal?
- Sprossen sind sehr junge Pflanzen, die man aus Keimsaat ohne Erde in Keimgläsern zieht. Bei Gräsern werden die Pflanzen etwas älter und wachsen in Erde.
- Man macht dies, damit das Korn zum Leben erwacht und sich dessen Nährwert erhöht.
- Geeignet dafür ist im Grunde jeder ganze, unbehandelte Hanfsamen.
- In Österreich und der Schweiz ist es legal, in Deutschland streng genommen nicht.
Das Ziehen von Sprossen und Gräsern klingt zu Beginn oft schwierig und aufwendig. Ist im Grunde aber ganz einfach, nur ein bisschen aufwendig und für mich persönlich, eine wahre Freude. Am Anfang des Erfolgs steht erst mal hochwertige, unbehandelte Keimsaat.
Die eigenen Hanfsprossen ziehen, so einfach gehts

Neben geeigneten Hanfsamen braucht Ihr zunächst ein Keimgerät oder Keimglas. Ich hatte schon verschiedene und verlinke Euch hier das meiner Meinung nach praktischste. Und so funktionierts:
- Gebt 30 – 50 g Hanfsamen ins Keimglas und genug Wasser, dass alle Samen schwimmen. „Einweichen“ nennt sich das.
- Lasst die Hanfsamen so 4 bis 6 Stunden stehen. Bei längerer Einweichdauer beginnen die meisten Samen später schneller zu faulen oder zu schimmeln.
- Schüttet nun das Einweichwasser ab und spült die Samen zum ersten Mal durch, indem Ihr einfach immer wieder Wasser reingebt und dieses durchs Sieb im Drehverschluss wieder abschüttet. Manchmal stell ich das Glas auch nur unter einen starken Wasserstrahl ins Spülbecken und warte einige Sekunden.
- Macht dies mindestens 2 mal, besser 3 mal täglich.
- Stellt das Keimglas samt Sprossen wenn möglich an einen etwas kühleren, aber nicht zu dunklen Ort. Es muss kopfüber stehen, damit das Wasser abrinnen kann.
- In den kommenden Tagen beginnen die einzelnen Samen zu keimen und werden größer und größer.
- Nach 4 bis 5 Tagen sind die Sprossen fertig und bereit zum Verzehr.
Worauf bei Sprossenzucht zu achten ist
- Hanfsamen zählen definitiv zum anspruchsvolleren Saatgut für die Sprossenzucht. Soll bedeuten, sie verzeihen kaum Fehler. Bei mir sind zahlreiche Versuche schief gegangen, weil ich z. B. vor dem Schlafengehen vergaß zu spülen. Nehmt für den Beginn anspruchsloseres Saatgut wie z. B. Mungbohnen oder Linsen, lernt die Routine kennen und arbeitet Euch zu schwierigerem Saatgut hoch.
- Wenn die Sprossen seltsam oder gar faulig riechen, werft Sie weg. Das kann an schlechtem Saatgut, mangelnder Fürsorge oder auch an zu hohen Temperaturen liegen. Wenn Ihr unsicher seid, weg damit. Vergammelte Sprossen schaden wesentlich mehr als sie nutzen.
- Bei den hohen Temperaturen im Sommer ist besondere Sorgfalt geboten. Die Sprossenzucht ist daher tendenziell eher was für den Winter.
- Die fertigen Sprossen könnt Ihr in einer Tupperbox mit Küchenrolle für wenige Tage in den Kühlschrank geben. Es gilt aber die gleiche Warnung wie vorhin.
- Direkt vor dem Verzehr solltet Ihr Sprossen (egal welche) immer noch mal kurz abspülen. Sie können sonst verschiedenste unvorteilhafte Bakterien oder Kleinstlebewesen enthalten.
- In den USA z. B. gelten Sprossen aufgrund ihrer hohen hygienischen Ansprüche als „gefährliche Lebensmittel“. So gesund und wertvoll sie frisch und in guter Qualität sind, so gefährlich sind sie, wenn nicht.
Ich will Euch mit diesen Warnungen keinesfalls die Lust an der Sprossenzucht nehmen. Sprossen sind in höchstem Maße wertvoll. Aber ich möchte auch keinesfalls, dass jemand wegen meiner Anleitungen nicht mehr vom Klo runterkommt oder schlimmeres. Deshalb, lasst eine gewisse Sorgfalt walten, sammelt im Sommer eher Wildkräuter, und geht im Zweifelsfall immer auf Nummer sicher.
Verwendung von Hanfsprossen
Wart Ihr bei der Sprossenzucht erfolgreich, eröffnen sich eine Vielzahl an Möglichkeiten:
- Gebt die Sprossen über den Salat.
- Aufs Brot.
- Auf die Pizza.
- Als grüne Beilage zu so ziemlich jedem Gericht.
- Macht daraus ein Pesto oder mixt sie in einen Aufstrich.
- Gerne auch in den Smoothie oder den Entsafter.
Sprossen sind wunderbar, für viele der Anwendungen eignet sich aber ebensogut Hanfgras. Welches ich zur Zeit den Hanfsprossen vorziehe, aus verschiedenen Gründen wie Ihr gleich sehen werdet.
Das eigene Hanfgras ziehen, so einfach gehts

Ich weiß den Ausdruck könnte man missverstehen :). Ich verwende ihn in Anlehnung an Weizengras, Gerstengras etc. Und genau das ist es auch: so viele, so dicht nebeneinander gesetzte Hanfpflanzen, dass es an Gras erinnert. Die Aufzucht ist denkbar einfach. Und so gehts:
- Nehmt einen Blumentopf (idealerweise aus Ton) oder schafft etwas Platz in Eurem Garten.
- Befüllt oder verseht den Topf oder Platz mit hochwertiger Erde.
- ïEs handelt sich immer noch um Hanfpflanzen, ich gehe daher davon aus, dass wir drinnen arbeiten und werde die Angaben und Anleitungen darauf abstimmen.
- Ich verwende einen Tontopf von 20 cm Durchmesser auf der Oberseite. Verteilt in einem Topf dieser Größe nur etwa 5 – 7 g Hanfsamen. Ich weiß das klingt sehr wenig, aber die jungen Pflanzen haben dadurch etwas mehr Platz und fühlen sich wesentlich wohler. Bei meinem ersten Versuch verwendete ich viel zu viele Samen, die Pflänzchen hatten schnell keinen Platz mehr und verkümmerten.
- Verteilt also die Hanfsamen so gut es geht gleichmäßig auf der Oberfläche, streut ganz dünn Erde drüber und befeuchtet das Ganze.
- Zu Beginn und in den ersten 2 Tagen befeuchtet Ihr die Oberfläche 2 bis 3 mal täglich mit einer Sprühflasche und gebt zwecks Erhöhung der Luftfeuchtigkeit transparentes Plastik darüber. Ein simpler Müllbeutel eignet sich wunderbar.
- Nach 2 bis 3 Tagen sind die Samen bereits aufgegangen und der Müllbeutel kann runter. Ab diesem Zeitpunkt muss die Erde nur noch einigermaßen feucht gehalten werden.
- Nach 5 bis 7 Tagen sind die jungen Hanfpflanzen bereit zur Ernte. Viel länger ließe ich sie drinnen nicht wachsen. Durchs Fehlen von Wind werden die Pflanzen zu schnell zu hoch und beginnen zu kippen.
Sonstiges zur Hanfgraszucht
- In Videos oder Blogs sehe ich oft, dass Gräser in Plastikschalen wachsen. Davon halte ich wenig. Ich esse ungern Pflanzen, deren Wurzeln an Plastik entlang wachsen. Ich machte diesbezüglich einen Geschmackstest mit Weizengras, eines in Plastikschale, eines im Tontopf. Der Unterschied war enorm. In Plastik entsteht zudem viel schneller Schimmel.
- Draußen ließen sich Gräser großflächiger und unaufwendiger ziehen. Denkt aber bitte an Konkurrenz durch Samenliebhaber wie Vögel.
- Verwendet Gräser, vor allem zu Beginn, eher sparsam. In Form von z. B. Saft, muss der Körper sich an eine dermaßene Vitalstoffdichte erst gewöhnen.
- Gräser sind wesentlich weniger anspruchsvoll als Sprossen. Wenn Ihr sie nicht gerade komplett überwässert, entsteht in einem Tontopf sehr schwer Schimmel. In Plastik ist hier mehr Umsicht geboten.
- Ihr müsst nicht alles an einem Tag ernten. Ich ernte mein Hanfgras an 2 bis 4 Tagen.
- Den Großteil der Erde hätte ich nach der Ernte entsorgt. Zumindest jene Teile, in denen sich Wurzeln befinden. Gebt aber auch den unteren Teil (sofern ohne Wurzeln) aus dem Topf und mischt ihn mit frischer Erde. Ansonsten hättet Ihr über viele Zyklen die selbe Erde am Boden des Topfs, das ist sicher nicht gut.
Verwendung von Hanfgras
Im Wesentlichen sind die Verwendungsmöglichkeiten dieselben wie mit Sprossen, nur dass die jungen Hanfpflanzen z. B. über den Salat noch mal viel lustiger aussehen :). Der mildere Geschmack macht es geeigneter für Smoothies oder Shakes. Aus einer meiner nächsten Ernten wird eine Hanfcremesuppe, Rezept folgt bei Erfolg. In der Regel durchlebt mein Hanfgras aber ein eher barbarisches Schicksal: Ich jage die jungen Pflanzen durch meinen Angel Juicer und mache daraus Hanfsaft.
Wofür das Ganze? Was passiert beim Keimprozess?

Berechtigte Frage. Wesentlich einfacher ist es natürlich, den ganzen oder geschälten Hanfsamen wie er ist zu verwenden. Was auch absolut in Ordnung und immer noch sehr gesund ist. In diesem Fall rate ich eindeutig zu geschälten statt ganzen Hanfsamen, in meinem Artikel „Hanfsamen geschält oder ungeschält?“ lest Ihr wieso. Das Keimen und Ziehen von Sprossen oder Gräsern hat aber definitiv seine Vorteile.
Abbau der Antinährstoffe
Jedes Korn, sei es Nuss, Kern, Samen, Getreide oder Hülsenfrucht, hat in unterschiedlichem Ausmaß Antinährstoffe wie Phytinsäure, Lektine, Trypsin etc. Diese dienen dem Korn einerseits als Nährstoffsversorgung in den ersten Lebenstagen, also bevor ihre Wurzeln die Erde erreichen, andererseits hemmen oder blockieren sie die Nährstoffabsorbtion in tierischen Organismen, was dem Korn als eine Art natürlicher Fraßschutz dient. Bei Kontakt mit Wasser beginnt das Korn zu leben und baut dabei innerhalb weniger Tage den Großteil seiner Antinährstoffe ab.
Getreide und Hülsenfrüchte sind aufgrund ihrer Antinährstoffe, roh gänzlich ungenießbar, teils auch giftig. Nüsse, Kerne und Samen haben weniger und ungefährlichere, wir können daher die meisten von ihnen roh essen. Es gibt Stimmen, die behaupten, Hanfsamen wären gänzlich frei davon, was allerdings der Logik widerspricht. Hanf ist eine Pflanze, die leben und sich vermehren will, warum sollte sie in Jahrmillionen der Evolution keine Schutzmechanismen zwecks Fortpflanzung entwickelt haben? Ich gehe davon aus, dass sie das definitiv hat.
Erhöhung des Nährwerts
- Der Abbau der Antinährstoffe verbessert für den Menschen die Nährstoffausbeute und erhöht schon allein dadurch den Nährwert.
- Der Keimprozess bringt aber noch mehr. Er verändert die gesamte molekulare Struktur des Saatguts und macht dem Körper die Aufnahme der einzelnen Nährstoffe noch mal einfacher. Ein Keimling oder Spross ist eher eine Art kleines Gemüse als ein Korn.
- Zudem erhöhen sich noch sämtliche Gehalte an Vitaminen und Mineralstoffen. Verschiedene Quellen sind sich uneinig um wie viel. Mal ist die Rede von 30 bis 50 %, mal von regelrechter Vervielfältigung.
Der Keimprozess holt jedenfalls das absolute Maximum aus jedem Saatgut und erhöht damit die Menge an Nährstoffen pro ausgegebenem Euro. Gorillas z. B. bauen den Großteil ihrer Körpermasse aus jungen Pflanzen auf. Ich bin kein Fan solcher Vergleiche, immerhin essen Gorillas über 8.000 kcal am Tag und ihr Verdauungstrakt ist viel stärker auf Grünkost ausgelegt als der des Menschen. Ich würde daher auch keinem Menschen ein Dasein als vollständiger „Sproutarier“ empfehlen. Unsere Verdauungstrakte ähneln sich aber zumindest. Eine kleine Parallele zwischen Kraft und dem Verzehr von Sprossen dürfen wir aus dem Vergleich mit dem Gorilla also ziehen.
Ist das Keimen von Hanfsamen legal?

Nun zur Frage der Fragen: Ist das Ganze legal? Für die meisten von Euch streng genommen leider nicht. „Für die meisten“ deshalb, weil Deutschland etwa 10 mal so viele Einwohner hat wie Österreich und die Schweiz. Und für die Gesetzgebung meiner lieben deutschen Mitbürger ist das Keimen von Hanfsamen, egal welcher Art, ein absolut rotes Tuch. Daher auch der lustige Hinweis auf den Hanfsamen von DM. Hier in Österreich bewege ich mich im rechtlichen Rahmen, ebenso wie Küchenhanfzüchter in der Schweiz. Wir dürfen hier sogar Hanfpflanzen zum Blühen bringen, solange deren Blüten weniger als 0,3 % THC beinhalten, 1 % in der Schweiz.
Sind Sprossen aus Hanfsamen wirklich illegal?
Theoretisch ja, praktisch nein. Welcher Polizist mache sich denn bitte lächerlich und nimmt jemanden fest oder erstattet Anzeige weil er oder sie in einem Keimglas Hanfsprossen auf der Fensterbank zieht? Mir fällt hier wirklich kein plausibles Szenario ein. Zumal Hanfsprossen vielen anderen Sprossen ähneln.
Mit Hanfgräsern wäre ich in Deutschland, zumindest ein wenig vorsichtiger. Dabei ist immerhin schon zu erkennen, dass es sich um Hanfpflanzen handelt. Ein Polizist mache sich immer noch lächerlich, ihm sind streng genommen aber die Hände gebunden. Im Zweifelsfall, bewahrt ein Mindestmaß an Diskretion und stellt nicht (so wie ich) Bilder Eurer Sprossen und Gräser ins Internet.
Wer sollte besser keine Sprossen essen?
Die offizielle Empfehlung liest sich ähnlich wie jene in Sachen Alkohol, Koffein, Rohmilchkäse oder bei rohem Fisch: Schwangere, Kleinkinder und gesundheitlich sehr geschwächte Menschen. Wobei diese Empfehlung im Wesentlichen auf eine eventuelle Belastung der Sprossen durch mangelnde Hygiene aufbaut. Würde ich meine eigene schwangere Frau oder Kleinkind mit selbst gezogenen Sprossen versorgen? Vermutlich nicht. Warum auch nur das geringste Risiko eingehen?
Eine weitere Gruppe fällt mir noch ein, nämlich Menschen mit sehr empfindlicher Verdauung oder überhaupt Darmerkrankungen. Sprossen sind wie erwähnt eine Art kleines Gemüse und bestehen zu großen Teilen aus Zellulose. Also pflanzlichen Fasern bzw. Ballaststoffen, die dem gesunden Darm gut tun und in vernünftigen Mengen seine Aktivität sogar verbessern können, den kranken Darm unter Umständen aber noch zusätzlich belasten. Solche Menschen sollten generell weniger Rohkost essen.
Das Internet ist voll von Geschichten ehemaliger Rohköstler, die sich die Ernährungsgewohnheiten von Gorillas aneigneten, damit ihre Verdauung heillos überforderten und schließlich krank wurden. Schuld sind dann natürlich nicht sie selbst sondern die bösen Pflanzen mit all ihren Ballaststoffen. Die logische Schlussfolgerung solcher Genies: Reine Fleischernährung, die sog. Carnivore Diet, muss am besten für den Menschen sein. Nun ja, auch bei den Ernährungsgewohnheiten kann eine kleine Dosis Hausverstand offensichtlich nicht schaden.
Geeignete und ungeeignete Hanfsamen zum Keimen
Wie vorhin schon erwähnt, alle unbehandelten Hanfsamen sind keimfähig. Ungeeignet sind lediglich geschälte und vorher auf irgendeine Art erhitzte Hanfsamen. Die Hanfsamen von DM sind in Sachen Keimrate für Sprossen so la la. Nicht schlecht aber es ginge besser. Solltet Ihr ernsthaft über die eigenen Hanfsprossen und Hanfgräser nachdenken, empfehle ich Euch daher folgende Hanfsamen, aus deutschem Anbau und bequem über Amazon:
Zum direkten Verzehr verwende ich persönlich ausschließlich geschälte Hanfsamen. Eine Auswahl und Erläuterung meiner Empfehlungen findet Ihr auf unserer Empfehlungsseite.